[juF-nds] Landtagskommission fordert sichere Unterbringung auch für Geflüchtete und Obdachlose

Dörthe Hinz - Flüchtlingsrat Nds. dh at nds-fluerat.org
Mo Nov 9 08:45:57 CET 2020


*Landtagskommission fordert sichere Unterbringung auch für Geflüchtete 
und Obdachlose*

*Auf Initiative des Flüchtlingsrats Niedersachsen hat die **Kommission 
zu Fragen der Migration und Teilhabe beim niedersächsichen Landtag 
<https://www.landtag-niedersachsen.de/plenum-ausschuesse-gremien/kommissionen/kommission-zu-fragen-der-migration-und-teilhabe/>** am 
03. November 2020 die **Resolution „Geflüchtete, 
Werkvertragsarbeitnehmer_innen und Obdachlose sicher unterbringen“ 
<https://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2020/11/20201104210233.pdf> beschlossen. 
Die Kommission fordert die Landesregierung in Anbetracht der 
Corona-Pandemie auf, geeignete Schutzmaßnahmen für Geflüchtete, 
Werksvertragsarbeitnehmer_innen und Obdachlose in 
Gemeinschaftsunterkünften zu ergreifen.*

Die Forderungen im Überblick

1. „Social distancing“ und Hygienestandards müssen für alle umsetzbar sein
2. Die Belegungsdichte in Gemeinschaftsunterkünften soll reduziert werden
3. Zur Entzerrung der Unterbringung sollten ergänzend (Ferien)Wohnungen 
sowie Jugend- und Freizeitheime und sonstige geeignete Gebäude 
angemietet werden
4. Risikogruppenangehörige und Vulnerable sollten vorrangig und 
unverzüglich umverteilt werden
5. Bewohner_innen von Gemeinschaftsunterkünften haben ein Anrecht auf 
Information
6. Quarantäne muss auf unvermeidliche Fälle beschränkt werden

Die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe beim 
Niedersächsischen Landtag reagiert mit ihren Forderungen auf die 
Tatsache, dass sich seit dem Beginn der Pandemie in den 
niedersächsischen Gemeinschaftsunterkünften nichts Substanzielles 
geändert hat. Zwar wurden da und dort ein paar Desinfektionsspender 
aufgestellt und Masken an die Bewohnenden ausgegeben. Viele Menschen 
leben dort aber immer noch auf engstem Raum in Mehrbettzimmern und 
müssen sich Küchen sowie Sanitäranlagen mit anderen teilen. Deshalb ist 
es Ihnen oftmals nicht möglich, in ihrem Zuhause das social-distancing 
oder die Hygienevorgaben einzuhalten.

Aufgrund der drängenden Enge in Gemeinschaftsunterkünften kommt es auch 
in Niedersachsen immer wieder zur Verhängung von Massenquarantänen, wenn 
sich einzelne Bewohner_innen infizieren. Jüngstes Beispiel ist die 
Außenstelle der Landesaufnahmeeinrichtung in Celle, wo nach einer 
festgestellten Infektion bei einem Geflüchteten Anfang November 2020 
alle Bewohner_innen der Einrichtung unter Quarantäne gestellt wurden (Am 
21.08.2020 lebten in der Unterkunft 143 Personen!). Auch in den 
Erstaufnahmeeinrichtungen in Friedland 
<https://taz.de/Corona-Ausbruch-in-Friedland/!5693986/> und Bramsche kam 
es nach Infektionen zur Verhängung von Quarantänen für größere Gruppen. 
Nach Feststellung von fünf Infektionen in der Erstaufnahmeeinrichtung in 
Oldenburg wurden im Oktober 2020 mehr als 160 Personen in Quarantäne 
genommen 
<https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-oldenburg-corona-faelle-in-aufnahmestelle-167-menschen-in-quarantaene-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-201012-99-917098>, 
weil fünf Geflüchtete sich infiziert hatten.

Auch in niedersächsischen Kommunen (u.a. Emsland, Gifhorn, Lüneburg, 
Harburg) 
<https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_18_07500/07001-07500/18-07151.pdf>wurden 
ganze Gemeinschaftsunterkünfte pauschal unter Quarantäne gestellt. 
Zuletzt verhängte bspw. der Landkreis Stade 
<https://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/stade/c-panorama/corona-fall-in-fluechtlingsunterkunft-polizei-wurde-gerufen_a182412> Ende 
Oktober eine Quarantäne für alle 65 Bewohner_innen einer 
Flüchtlingsunterkunft, die weiterhin fortdauert.

Von diesen pauschalen Quarantäneanordungen waren nicht nur Erwachsene, 
sondern regelmäßig auch Kinder und Jugendliche betroffen. Sie müssen von 
den Gesundheitsämtern nur deshalb angeordnet und teilweise über Wochen 
verlängert werden, weil Land und Kommunen Geflüchtete entgegen den 
ausdrücklichen Empfehlungen des RKI in großen Einrichtungen 
zusammenpferchen: Ausdrücklich fordert das RKI die Betreiber_innen von 
Gemeinschaftsunterkünften dazu 
<https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/AE-GU/Aufnahmeeinrichtungen.html#doc14256998bodyText2> auf, 
die „notwendige räumliche Trennung“ von labordiagnostisch bestätigten 
Fällen, Kontakt- und Verdachtsfällen sowie Nicht-Fällen im Vorfeld gut 
vorzubereiten, „um eine Quarantäne der gesamten Einrichtung oder 
größerer Gruppen zu vermeiden.“

In den Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete und Obdachlose wird 
dagegen in Niedersachsen systematisch verstoßen. Lediglich für 
Werksvertragsarbeitnehmer_innen gibt es Vorschriften zur 
Einzelunterbringung 
<https://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2020/11/200320_COVID-20_Sammelunterknfte-3.pdf>, 
die aber in der Praxis oftmals nicht eingehalten werden.

Dem „Epidemiologisches Bulletin“ 38| 2020 des RKI 
<https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf?__blob=publicationFile> lässt 
sich entnehmen (Tabelle 2), dass bei Coronaausbrüchen in „Flüchtlings- 
und Asylbewerberheimen“ durchschnittlich mehr Personen infiziert werden 
als etwa in Alten- und Pflegeheimen oder auf dem Arbeitsplatz.

Dabei gäbe es genug Platz für eine gesundheitsverträgliche 
Unterbringung: In den niedersächsischen Kommunen sind für Geflüchtete 
mindestens 2.000 Plätze in Wohnungen und weitere 2.000 in 
Gemeinschaftsunterkünften frei (Stand 29. Mai 2020). 
<https://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen_18_07500/06501-07000/18-06771.pdf>

    Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen

    /„Die Landesregierung und die Kommunen müssen aufhören, die
    Gesundheit der Bewohnenden von Gemeinschaftsunterkünften
    leichtfertig aufs Spiel zu setzen und ihnen endlich //den gleichen
    Schutz vor dem Corona-Virus zuteil werden lassen, der auch für die
    übrige Bevölkerung gilt. Auch dürfen sich pauschale
    Quarantäneanordnungen nicht wiederholen, denn diese verstoßen gegen
    die Vorgaben des RKI und geltendes Recht. Zudem werden sie von den
    Betroffenen als Bestrafung für das Leben in einer
    Gemeinschaftsunterkunft und als Internierung wahrgenommen.“/

Für Rückfragen: Flüchtlingsrat Niedersachsen - Muzaffer Öztürkyilmaz - 
0511 98 24 60 38 - moy at nds-fluerat.org

Muzaffer Öztürkyilmaz

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